Normalerweise endet die Segelflugsaison auf der Schwäbischen Alb schon im Oktober mangels Thermik und Anfang November mottet man dann selbst in Bartholomä die Flugzeuge ein. Aber auch nach Saisonende gibt es gelegentlich die Chance auf ein lautloses Abenteuer über heimatlichen Gefilden – zum Beispiel beim Welle fliegen vor der Albkante!
Für Samstag, den 23.11.2019 war bei einer kräftigen Südströmung Föhn an den Alpen angekündigt. Bei den Segelfliegern am Nordrand der Alpen sorgt solch eine Ankündigung der Wetterdienste immer für euphorische Stimmung, schließlich bieten die durch den starken Südwind ausgelösten Leewellen nördlich des Alpenhauptkamms beste Bedingungen für Höhen- und Streckenflüge entlang des Alpenbogens – kurz zusammengefasst: Hammerwetter!
Die Leewellen-Vorhersagekarten des Deutschen Wetterdiensts (DWD) prognostizierte aber auch im Lee der heimischen Albkante ein kleines und schwaches Aufwindfeld bis ca. 1500m/NN Höhe. Für unseren Piloten Frank Walz Anlass genug einen Selbstversuch zu wagen:
Nachdem mein Ventus cT dank der Hilfe einiger Fliegerkameraden aus Heubach und Fellbach fix aufgebaut war ging es per F-Schlepp hinter unserer Dimona gegen halb zwei in die Luft, wo nach dem Ausklinken zunächst der obligatorische Probelauf des eingebauten Hilfstriebwerks auf dem Plan stand. Mit Motorunterstützung ging es dank 50 km/h Südwind zügig über die Albkante hinaus Richtung Mögglingen, dort stabilisierte sich auf 2000m/NN in ruhiger Luft allmählich das Steigen bei 2 m/s – ein eindeutiges Zeichen für natürlichen Aufwind. Nun denn: Zündung aus, Motor einfahren und mal schauen ob der DWD tatsächlich recht hat…
Vorsichtig ging es auf Westkurs entlang der Albkante bis über den Flugplatz Heubach mit moderaten Steigwerten knapp über 0m/s und wieder zurück bis Hohenroden, ehe ich beim zweiten Anlauf den Einstieg in die Primärwelle fand. In einem schmalen Streifen zwischen Essingen und dem Flugplatz Heubach war tatsächlich brauchbares Steigen bis 2 m/s zu finden, sodass der Ventus in der ruhigen Luftmasse stetig Höhe gut machen konnte und mir ein breites Grinsen ins Gesicht zauberte. Der DWD lag also richtig!
Knapp 20 Minuten nach dem Einstieg in die „Ostalb-Welle“ war dann Flugfläche 95 erreicht und das Steigen immer noch gut ausfliegbar. Wie meist bei solchen Föhn-Wetterlagen war die Sicht hervorragend; unter dem grauen, Cirren-verangenen Himmel bot sich am Horizont ein grandioses Alpenpanorama. Aus Rücksicht auf den Stuttgarter Linienflugverkehr habe ich dann auf FL097 ausgelevelt und versucht die Ausdehnung der Welle zu erkunden: Das stärkste Steigen war zwischen Heubach und Essingen zu finden, aber auch weiter Richtung Osten löste die flacher werdende Albkante noch eine schwache Welle aus.
Gegen 13:40 Uhr drehte der Wind allmählich auf Südost und bließ somit nicht mehr genau senkrecht zur Albkante, was dazu führte dass die Welle recht schnell zusammen fiel und der Spaß ein Ende fand. In Bodennähe war die Ostwind-Komponente schon erheblich stärker, darin waren sich zumindest die zahlreichen Windräder auf dem Albuch einig. Der Versuch demnach über dem Kochertal noch einen laminaren Aufwind zu finden war leider nicht mehr von Erfolg gekrönt, sodass der Ventus nach gut anderthalb Stunden wieder zur Landung einschwebte.
Nun sind die erflogenen 58 Streckenkilometer an sich nichts Besonderes, allerdings wurde an diesem Samstag Nachmittag der erste winterliche Wellenflug am Rosenstein durchgeführt und bewiesen, dass die DWD-Vorhersage auch für die Alb brauchbar ist. Mal schauen ob uns das Winterhalbjahr noch ein paar Wellentage an der Albkante bringt!